Schon immer haben Bienen ihren festen Stellenwert in den Lehrplänen aller Schulformen. Während sich früher der Unterricht auf rein biologische Inhalte beschränkte, gibt es heute viel weitreichendere Impulse. Längst hat sich eine Bienenpädagogik etabliert, die ideale Möglichkeiten gefunden hat, Bildung für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen und dies nicht nur auf lokalen Ebenen, sondern auch mit globaler Ausrichtung.
Bienenpädagogik in unserer Projektarbeit
Beste Bedingungen, BNE zu verwirklichen, ergeben sich mit fächerübergreifenden Projekten. Exemplarisch dafür steht unser Langzeitprojekt „Mit Bienen in die Zukunft“. Die Ausgangslage dazu findet sich bei unserem Kooperationspartner „NaturGut Ophoven“ in Leverkusen.
An dem Umweltzentrum hat die pädagogische Arbeit mit Bienen sehr früh begonnen, noch lange bevor das große Bienensterben 2008 die Öffentlichkeit alarmierte. Bereits in den 1990er Jahren hatte Reinhold Glüsenkamp, späterer Projektgründer von dort aus damit begonnen kleine mobile Beobachtungsvölker für einen Vormittag an Leverkusener Schulen auszuleihen. Mit seinem Eltern-Kind-Kurs „Bienen sind liebenswert“ initiierte er für alle Altersgruppen eindrucksvolle Begegnungen. Die spätere Kooperation des Naturguts mit der Gesamtschule hatte es 2008 schließlich möglich gemacht, dass viele der erprobten Aktionen den Start unseres Projekts „Mit Bienen in die Zukunft“ einleiteten
Mit dem seit 1992 bestehenden Bienengarten an der Gesamtschule lagen die besten Rahmenbedingungen vor. Mit dem späteren Aufbau einer kleinen Schulimkerei konnten sie noch weiter optimiert werden. Seit vielen Jahren wird das bewährte pädagogische Konzept von den Projektleitern mit verschiedenen Fortbildungen auf dem NaturGut vorgestellt. Für Schulklassen gibt es dazu zwei besondere Programme. Eine kleine Auswahl an Empfehlungen und Arbeitsblättern stellen wir gerne mit unserem pädagogischen Materialangebot zur Verfügung.
Beste Rahmenbedingungen
Der Bienengarten
Modellhaft vereint unser Bienengarten der Schule das, was zusammengehört: Bienen und Blüten. Bis zum Start der Schulimkerei 2011 wurde er von der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft aufgebaut, gepflegt und genutzt. Eine kurze Beschreibung der ursprünglichen Anlage findet sich in einem Beitrag der Zeitschrift „Unterricht Biologie“ . Jahre später beschreiben die Schüler:innen in einer Schülerzeitung der Gesamtschule ihre Erlebnisse. 2012 wurde der Garten durch eine aufwändige Brandschutzsanierung für mehr als ein Jahr zu einer Sperrzone erklärt. Doch schnell danach hatten Lehrer- , Schüler:innen und Eltern den Ort wieder zu dem gemacht, wofür ihn alle schätzen, einen pädagogisch genutzten Erlebnisraum der ganz besonderen Art. Seit der Neugestaltung des Bienengartens übernehmen nun zwei verschiedene Schülergruppen arbeitsteilig alle anfallenden Arbeiten: eine ist für den Garten, die andere für die Schulimkerei zuständig. 2019 wird die Gesamtanlage von der NUA als „Summender Lernort“ ausgezeichnet.
Die Schulimkerei
Bis zum Jahre 2011 hatte sich an unsere Schule fast 20 Jahre lang eine extensive Bienenhaltung etabliert. Mit der Anbindung an das Bienenprojekt entwickelte sich daraus eine kleine nachhaltig wirtschaftende Schulimkerei. Die damit verbundenen pädagogischen Zielsetzungen konnten seitdem in doppelter Weise entscheidend erweitert werden.
Für die Teilnehmer:innnen der Schulimkerei ist hinzugekommen, dass sie von nun an auch erleben können, wie sich eine „naturnah“ oder „ökologisch“ geprägte Bienenhaltung auch mit einer wirtschaftlichen Ausrichtung verwirklichen lässt. Für die Teilnehmer:innnen des Bienenprojekts ist das „Gobale Lernen“ jetzt keine Theorie mehr, es kann in die Tat umgesetzt werden und so die nötigen finanziellen Mittel durch den Honigverkauf bereitstellen.
Inspiriert durch die Entwicklungs-zusammenarbeit, wurde auf dem Umweltzentrum 2016 die Art und Weise getestet, wie in Afrika Bienen gehalten werden. Dazu wurde es nötig, ein Bienenvolk in einer eigens dafür gebauten Oberträgerbeute umzuquartieren. Die guten Erfahrungen führten schnell dazu, dass seitdem für Besucher und Schulklassen die Einblicke in ein Bienenvolk fast nur noch an diesem Bienenvolk vorgenommen
werden. Bienenpädagogisch ist es den konventionell, in Magazinen gehaltenen Völkern weit überlegen.
Bereits zwei Jahre später entschloss sich auch die Schulimkerei dazu, die Eignung der afrikanischen Oberträgerbeute, die auch „Top Bar Hive“ genannt wird, für die Schule zu prüfen. Dass sie hierzulande auch von solchen Imkern geschätzt wird, die das Wohl der Bienen in den Mittelpunkt stellen, machte uns alle besonders neugierig.
Anders als in der konventionellen Bienenhaltung können die Bienen völlig unabhängig von Eingriffen der Imker ganz nach ihrer Bedürfnislage einen natürlichen Wabenbau errichten. Die Herstellung von Rähmchen und das Einlöten vorgefertigter Mittelwände entfällt. Allein die Gabe von Holzleisten/ Oberträgern reicht aus, um die Bienen zur Bautätigkeit anzuregen, was in der Regel auch sofort passiert.
In ihrer Videoserie demonstrieren die Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft eindrucksvoll ihre Erfahrungen mir der afrikanischen Beute. Der Vergleich mit der konventionellen Bienenhaltung ermöglicht wichtige Einsichten, um die naturgegebenen Bedürfnisse eines Bienenvolkes besser verstehen zu können.
Bei einer Bienenhaltung mit Magazinen entscheidet der Imker,
bei einer mit afrikanischen Oberträgerbeuten die Bienen.
Unser Test zeigt, dass Top Bar Hives eine echte Alternative darstellen können, vor allem, wenn die Zielsetzung eine nachhaltige sein soll.“
Reinhold Glüsenkamp
Unsere Videos zur Schulimkerei
Bienenvölker in Magazinbeuten
Das YouTube Video zeigt wie wir ein drohnenbrütig ausgewintertes Bienenvolk retten und …
Versuchsvolk im afrikanischen TBH
2020 dokumentieren wir mit einer fünfteiligen Clipserie, unseren Test mit der afrikanischen Bienenbeute. In Zeiten von Corona wurden die Arbeiten im April wegen des Lockdowns von unseren Projektleitern übernommen.
Geleitet wird die Schulimkerei gegenwärtig von Bernd Nafe. In vielen Jahren wurde er von seinem Vorgänger Reinhold Glüsenkamp bis zu seinem Ruhestand 2021 angeleitet. Seine Unterstützung mit Rat und Tat ist bis heute durch die Anbindung an das NaturGut gegeben.
Pädagogisches Konzept
Bienen machen es möglich, unsere Projektarbeit ganzheitlich auszurichten: inhaltlich, methodisch und letztendlich auch hinsichtlich der Zielsetzungen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Wissenschaftliche Grundlagen ergeben sich einerseits aus der Bedeutung der Honig- und Wildbienen als Bestäuber und andererseits aus ihren vielfältigen Bedrohungen, aus denen wir folgerichtig unseren Handlungsbedarf zum Schutze aller Arten ableiten. Hinzu kommt, dass es gute Beispiele gibt, die zeigen, dass eine Entwicklungszusammen arbeit auch mit Bienen gelingen kann.
Ganz am Anfang der Projektarbeit stehen die vielfältigen Erlebnisse mit den Bienen im Vordergrund. Besorgniserregende wissenschaftliche Fakten werden zunächst ausgeblendet. Diese kommen erst später dazu, denn am Anfang geht es uns vielmehr darum, das Positive hervorzuheben, die Schüler:innen zu begeistern und sie ins Staunen zu versetzen. Und gerade dazu eignen sich Honigbienen in bester Weise.
Anders als bei Wildbienen können wir unsere Begegnungen mit Honigbienen zuverlässig planen und durchführen. Unvergessliche Aktionen mit einzelnen Bienen und am geöffneten Bienenvolk lassen eine selten vorhandene Zurückhaltung fast unbemerkt
und schnell in den Hintergrund treten.
Erst wenn es das Wetter und die Jahreszeit
es zulassen erweitern wir das Spektrum der Realbegegnungen auch mit Wildbienen durch ein Abfangen von der Blüte. Nach unseren einfachen Bestimmungs- und Fütterungsversuchen lassen wir die Tiere aus Artenschutzgründen aber am Fundort schnell wieder frei. In der Summe bilden all diese Kontakte das Herzstück unserer Projektarbeit. Die Motivation der Schüler:innen, Wissenslücken zu schließen, Verantwortung zu übernehmen und selber aktiv zu werden, stellt sich fast von ganz alleine ein. Pestalozzi würde sich freuen.
„Als überzeugter Projektteilnehmer sehe ich,
was ich gelernt habe als Teil meiner Lebenseinstellung
und nicht als irgend eine Öko- Spinnerei.“
Thor Sauer, Projektteilnehmer, 2015
Sein Zitat machte Thor mit dem Schulabschluss nach Klasse 10.
Rückblickend wir deutlich, dass die Verankerung des Projekts im fächerübergreifenden „Wahlpflichtunterricht Naturwissenschaften“ mit seinen festen Lerngruppen eine sehr gute Entscheidung war. Weil der Aufbau von BNE Kompetenzen viel Zeit benötigt, vollzieht sich unsere Arbeit nicht im Schnelldurchgang. Dies kommt auch den Wünschen der Schüler:innen entgegen, da sie sehr großen Wert darauf legen, lange Teilnehmer:in des Projekts zu sein. Der Wechsel der leitenden Projektgruppen erfolgt deshalb immer erst zum Schuljahresende und im Idealfall nach vorausgegangen Patenschaften, sodass die Neuen perfekt in die Arbeiten eingeführt werden können. „Mit Bienen in die Zukunft“ ist ein Langzeitprojekt. 2016 wurde das Projekt im Schulprogramm festgeschrieben.
Aus dem regulären Unterricht heraus und im Sinne einer „Öffnung von Schule“ suchen wir bis heute immer wieder gemeinsam mit unseren Kooperationspartner nach Möglichkeiten unsere drei Handlungs-schwerpunkte, die wir mit Bienenbäumen, Wildbienen und dem Globalen Lernen gefunden haben, weiter auszubauen. Da alle Bereiche derzeit zu wenig Beachtung finden, ist es unser Ziel, mit einer breit gefächerten Öffentlichkeitsarbeit dagegen zu wirken. Innerhalb der Schule erreichen wir eine hohe Schülerzahl dadurch, dass wir mit verschiedenen vernetzt sind.
Unser Bienenprojekt nimmt seit 2016 an der Landeskampagne „Schule der Zukunft“ teil.
Bereits im zweiten Jahr nutzen die Projektleiter Reinhold Glüsenkamp und Bernd Nafe die Möglichkeit, das pädagogische Konzept im Freilichtmuseum Lindlar vorzustellen. Aufraggeber war die Natur und Umweltschutzakademie, kurz „NUA“ genannt. Seitdem gibt es auf dem NaturGut Ophoven mit sogenannten „BNE Modulen“ diverse Lehrerfortbildungen zu den verschiedenen Projektbereichen.
Für Schulklassen vereint das Angebot „Bienen erleben“ die gesamte Spannbreite an pädagogischen Möglichkeiten, die sich auf dem NaturGut innerhalb von vier Jahrzehnten entwickelt und bewährt haben. Neu hinzugekommen ist das Programm „Bienenpower Afrika“ zu unserer Entwicklungszusammenarbeit in Kamerun.
Pädagogisches Materialangebot
folgt